So gibt es seit der Einführung der „Rechtschreibreform“ nicht nur die konventionelle („alte“) und die „reformierte“ Orthographie, sondern auch „Hausorthographien“ etlicher Verlage, die Schreibweisen der Mitläufer, die nicht können, wie sie wollen, und das orthographische Chaos derer, denen ihre Muttersprache gleichgültig ist.
Doch sind keineswegs alle Menschen Mitläufer oder desinteressiert: In den ersten Jahren der „Rechtschreibreform“ wurde diese von der Hälfte bis dreiviertel aller Deutschen klar abgelehnt, der Rest teilte sich in „Reform“-Anhänger (2004 bis 13%), Befürworter einer Reform der „Reform“ und Gleichgültige. Dennoch hielten Politiker und Bürokratie eisern an der „Reform“ fest: Zwar gestanden letztere früh ein, mit ihrer Einmischung in die Rechtschreibung einen Fehler gemacht zu haben, der nie wiederholt werden dürfe; gleichzeitig aber fürchtete und fürchtet man den Gesichtsverlust, den die geringste Nachgiebigkeit bzw. eine Umkehr bringen würde. Der Wille der Sprach- und Schreibgemeinschaft zählte nicht – und die Integrität der deutschen Sprache auch nicht.
Eine Rückkehr zur deutschen Rechtschreibung wurde durchaus versucht, zunächst durch die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) am 1. August 2000 und den deutschen Hochschulverband, doch die Signale waren nicht stark genug: Politiker und Bürokraten konnten weiter auf die Willfährigkeit vieler Verlage vertrauen, die ohne Not und wirkliche Veranlassung bereits auf die zwangsreformierte Schreibweise umgestellt hatten und den Kultusministern den Vorwand lieferten, an der „Reform“ festzuhalten. Nachdem letztere allen Protesten und Meinungsumfragen zum Trotz im Sommer 2004 die Verbindlichkeit der „Reform“ ab dem 01.08.2005 bestätigt hatten, kehrte mit den zahlreichen Springer-Zeitungen und -Zeitschriften sogar noch ein weiterer Großverlag ab dem 03.10.2004 für zwei Jahre zur konventionellen Rechtschreibung zurück. Doch die Politik blieb stur:
Am 1. August 2005 wurde die „Reform“ in den Schulen von 14 Bundesländern (alle außer Bayern und NRW) eingeschränkt verbindlich, zugleich sank die Zustimmung der Bevölkerung auf acht Prozent. Am 2.3.2006 beschloß die Kultusministerkonferenz (KMK) eine „Reform der Reform“, die von den Interessenvertretern im „Rat für deutsche Rechtschreibung“ auf einen Minimalkonsens reduziert worden war und ca. 3.000 Varianten aufweist, welche auf Bedeutungsunterschiede keine Rücksicht nehmen, und am 30. März 2006 bestätigte die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) den Beschluß. Am 1. August 2006 trat die „reformierte Rechtschreibreform“ offiziell in Kraft, und am 1. Januar 2007 kapitulierte auch die F.A.Z.
Das Chaos und die Beschädigung der deutschen Sprache aber sind geblieben, sie werden trotz einiger Korrekturen so gar noch schlimmer, seit eine "geschlechtergerechte Sprache" propagiert und von Teilen der Politik und Industrie unterstützt wird.
Das Schicksal der deutschen (Schrift-)Sprache hängt also mehr denn je von der Zivilcourage jedes einzelnen ab.
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Rechtschreibung und „Reform“ |
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