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Was tun? 10 Maximen

Studenten der Sprachwissenschaft ist er wohlbekannt: der Romanist Harald Weinrich, der bis 1993 das Institut für Deutsch als Fremdsprache an der Universität München leitete. Er ist Professor für romanische Sprachen am Collège de France in Paris und Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, mithin jemand, dessen hier folgende Regeln für eine Rechtschreibkultur Beachtung verdienen – im mehrfachen Sinne des Wortes.

  1. Rechtschreibung (Orthographie) ist guter Sprachgebrauch beim Umgang mit der Schrift. Sie steht im Dienst der Schreibkultur. Ihr oberstes Gebot ist gute Lesbarkeit der geschriebenen, gedruckten oder elektronisch verarbeiteten Texte.
  2. Die sprachgeographische Einheitlichkeit der Rechtschreibung im ganzen deutschen Sprachraum ist ein wertvolles Kulturgut, für dessen Erhaltung von allen Sprechern und Schreibern der deutschen Sprache Mühe aufzuwenden ist. Einzelne regionale Varianten der Schreibung sind jedoch zu respektieren.
  3. Ein wesentliches Element der Schreibkultur im deutschen Sprachraum ist die gleiche Verbindlichkeit der Rechtschreibung für alle Schreiber der deutschen Sprache (Schriftsteller, Lehrer, Journalisten, Politiker, Juristen, Wissenschaftler, Pfarrer ...). Sprachlernende im In- und Ausland müssen mit einer gewissen Anstrengung an die Rechtschreibung herangeführt werden.
  4. Die Verantwortung für die Rechtschreibung liegt bei der ganzen Sprachgemeinschaft. Sie kann nicht an einzelne staatliche, überstaatliche oder nichtstaatliche Institutionen zur hoheitlichen Regelung abgetreten werden.
  5. Die Norm der Rechtschreibung ist ablesbar an der üblichen Schreibweise derjenigen Schreiber, die mit Sprachkultur schreiben, mit besonderer Berücksichtigung der Schriftsteller.
  6. Zur Festlegung der orthographischen Norm sind diejenigen sprachwissenschaftlichen Institute und Wörterbuch-Redaktionen berufen, die auf der Grundlage eines umfassenden Corpus von exemplarischen Texten der deutschen Gegenwartssprache lexikographisch tätig sind.
  7. Da sich mit der Sprache auch die Schreibung der Wörter ständig ändert, müssen die maßgeblichen Wörterbücher von Zeit zu Zeit dem Wandel der Schreibnorm behutsam angepaßt werden. Neue Schreibungen werden jedoch nicht vorgeschrieben, sondern dem guten Sprachgebrauch der Schreibenden nachgeschrieben.
  8. In strittigen Fragen der Normfestlegung kann von den sprachwissenschaftlichen Instituten oder Wörterbuch-Redaktionen des genannten Typus ein Votum der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung eingeholt werden. Die Auskunft der Akademie wird erteilt, nachdem zu der jeweils strittigen Frage deren Mitglieder befragt worden sind. Auch das Votum der Akademie gilt nicht präskriptiv, sondern deskriptiv.
  9. Die Regeln der Interpunktion sind den anderen Regeln der Rechtschreibung nachgeordnet und haben grundsätzlich einen geringeren Verbindlichkeitsgrad als diese. Sie organisieren den Gebrauch von graphischen Hilfszeichen, die den Lesern das genaue Verständnis der Texte erleichtern sollen. Sie sind eher Stilzeichen als Satzzeichen zu nennen. Die normativen Begriffe "richtig" und "falsch" können daher auf den Gebrauch der Interpunktionszeichen nur bedingt angewandt werden. In vielen Fällen kann man sich damit begnügen, einen besseren von einem weniger guten Gebrauch dieser Hilfszeichen zu unterscheiden.
  10. Die Regeln der Worttrennung am Zeilenrand ("Silbentrennung") gehören nur randständig zur Rechtschreibung, insofern die gute Lesbarkeit eines Textes durch die Worttrennung nicht behindert werden darf. Die Worttrennung kann mit einer kleinen Menge von locker verbindlichen Regeln normiert werden und braucht in den Wörterbüchern der deutschen Sprache nicht bei jedem Einzelwort ausgewiesen zu werden.

(Zitiert nach der F.A.Z., 29. November 1997: Zehn Maximen – Regeln für eine Rechtschreibkultur)



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