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Studien: GEO-Magazin

Gleichzeitig mit der BUND-Studie schrieb ich einige Zeitschriften an, u. a. das bekannte GEO-Magazin:

Sehr geehrte Damen und Herren,
telefonisch habe ich heute von einem Gerücht erfahren, das besagt, das GEO-Magazin mache eine Umfrage zur "Rechtschreibreform". Falls diese Nachricht nicht zutrifft, entschuldigen Sie bitte diese eMail.
    Falls es aber zutrifft, daß Sie Ihre Leser befragen oder befragt haben, ob sie im GEO-Magazin die deutsche Rechtschreibung oder Amtsschreibung bevorzugen, und dann zur konventionellen Schreibung zurückkehren, würde ich gerne das GEO-Magazin abonnieren. Anfang des Jahres hatte ich wegen der Amtsschreibung davon Abstand genommen.

Die Antwort auf diese Anfrage war überraschend ausführlich; sie wird deshalb hier wörtlich zitiert und abschnittsweise kommentiert:

Sehr geehrter Herr Martin,
es hat keine Umfrage zur Rechtschreibreform in GEO gegeben. Und es wird auch keine geben. Auf Leser, denen die Rechtschreibdebatte über sämtliche Inhalte geht, die nicht mehr an unseren Reportagen und Themen interessiert sind, sondern einzig und allein auf der Rückkehr zum "ß" beharren – müssen wir offensichtlich zu unserem großen Bedauern verzichten.

Es ist nicht schwer zu erraten, warum es keine Umfrage geben wird: Die GEO-Redaktion kennt ihr voraussichtliches Ergebnis und hat Angst davor! Wenn der Verlag auf alle Leser, die gegen die "Rechtschreibreform" votieren würden, verzichtete, müßte er auf die Publikation des Magazins verzichten. Unbeantwortet bleibt die Frage: Wenn der Redaktion "sämtliche Inhalte" über die Rechtschreibdebatte gehen, wieso hat sie dann auf die amtliche Falschschreibung umgestellt?

GEO ist ein Magazin für die Horizonterweiterung. Dazu gehört es, die reichlich vorhandenen Probleme auf der Welt erstens zu erkennen und zweitens zu gewichten. Es gibt viele große Menschheitsfragen, an denen sich der Stand von Kultur und Zivilisation entscheidet. Die Rechtschreibdebatte ist vielleicht nicht die größte darunter.

Die Frage, welche "horizonterweiternden" Gründe GEO zur Übernahme der Amtsschreibung veranlaßt haben, wird wieder nicht beantwortet. Es gibt wohl keine. Offensichtlich fühlt sich GEO seinem Korpsgeist mit anderen Redaktionen mehr verpflichtet als seinen Lesern.

Es fehlt mir, offen gesagt, das Verständnis dafür, dass der Beitrag, den GEO in der deutschen Publizistik leistet, von einigen offenbar einzig und allein an der Rechtschreibung gemessen wird. Ich ziehe daraus den Schluss: Würde die "Bild"-Zeitung, würde die "Praline" oder würde der Beate-Uhse-Katalog in der alten Rechtschreibung erscheinen, wäre das vielen sogenannten Sprachpflegern offenbar wichtiger, als eine solide, gut recherchierte, wissenschaftlich ausgezeichnete Reportage in GEO zu lesen, nur weil wir Känguru nun ohne "h" am Ende schreiben.

Solch "logische" Schlußfolgerung hatte ich bislang eher in der "Bild"-Zeitung vermutet.

In der GEO-Redaktion, ausgezeichnet mit ca. 50 renommierten Preisen, arbeiten neben mir noch diverse andere Redakteure, die bei Wolf Schneider, dem allseits anerkannten deutschen "Sprachpapst" in der Ausbildung waren. Wolf Schneider publiziert in GEO; und zwar in der reformierten Rechtschreibung.
Und nun schreiben wir Schifffahrt wieder so, wie es Goethe tat.

Beste Grüße ...

Die Autoritätsanleihe beim Dichterfürsten ist nur scheinbar gelungen und geht leicht nach hinten los:

  1. hat sie weniger Gewicht als die Meinung von ca. 80% der heute (!) lebenden Bevölkerung;
  2. paßt diese rückwärtsgewandte Argumentation überhaupt nicht zum Nimbus angeblicher Fortschrittlichkeit, mit dem die Reformer ihr Werk umgeben;
  3. Wenn GEO Schiffahrt wieder so schreibt, wie Goethe es tat, wie schreibt das Magazin dann dass? – Z. B. so wie Martin Bormann und andere Nazis es taten? Bormann schrieb z. B. 1942, "dass künftig Erörterungen über Rechtschreibfragen in der Presse überflüssig sind". ("daß" mit ss!)

Es gibt neben solchen ideologischen Wortgefechten nur zwei relevante Gründe pro oder kontra "Rechtschreibreform": einen politisch/demokratischen und einen sprachwissenschaftlichen. In beiden Fällen kann die GEO-Redaktion offensichtlich nicht punkten.



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